Härnösand - Kiruna
Härnösand – Luleå – Jokkmokk – Gällivare – Kiruna
Für die nächsten Tage ist wechselhaftes Wetter angesagt. Als erste Attraktion des Tages erreiche ich bei Veda die mächtige Hängebrücke, die über den Angermanälven führt. Die Raststätte am andern Ende bietet einen eindrückliche Blick auf das gewaltige Bauwerk.
Die E4 ist gegen Süden recht stark befahren und führt im Wechsel über kleine Anhöhen und durch kleine Täler, meist aber durch Wald, hie und da tauchen Häuser auf. Die Dörfer werden ausnahmslos umfahren. Ein flottes Vorankommen ist möglich.
Vor Örnsköldsvir beginnt es tatsächlich zu regnen. In unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum finden sich zwei riesige Skisprungschanzen. Nächster Halt in Ormaling. Auch verregnet. Dasselbe in Umeå. Immerhin sind der Fluss Umeå und die Kais sehenswert.
Um etwas Abwechslung ins Grau zu bringen, habe ich vor, nach Holmsund, das auf einer Halbinsel liegt, zu besuchen. Leider finde ich den Weg mangels Wegweiser, viel Regens und meiner ungenauen Strassenkarte nicht.
Ein kurzer Abstecher rechts ab von der E4 nach Ratan ans Wasser hat sich gelohnt. Eine Ansammlung hübscher Schwedenhäuser findet sich da. Der Rückweg zur Hauptstrasse führt tatsächlich über eine echte Schotterstrasse, heute ist sie glatt wie Seife. Ein echtes Fahrproblem stellt sie aber nicht dar.
Das Wetter ist ausnehmend garstig! Es ist auch kühler geworden.
Auf der E4 zirkulieren in kurzen Abständen Busse, die den Verkehr zwischen Haparanda und Sundsvall, dem nördlichsten Bahnhof an der Ostsee, sicherstellen.
Nach Umeå kreuzt die Autostrasse immer wieder riesige Baustellen. Hier entsteht eine Eisenbahnlinie, die vermutlich bis nach Haparanda reichen wird.
Die Wolken sind weg, das Land liegt wieder im Sonnenschein, wie wenn nichts gewesen wäre.
Auf Empfehlung übernachte ich im Camping von Skellefteå in einem Stugor (für 6 Personen). Er ist wie angekündigt ausnehmend gepflegt, aber bis fast auf den letzten Platz besetzt. Einer der nebenan logierenden Norweger (aus Mo I Rana) interessiert sich für meine BMW. Die Spuren der Regenfahrt sind unübersehbar.
Morgen soll das Wetter schön bleiben. Grund genug, Maschine und Kleider wieder auf Glanz zu bringen.
Um 8.00 Uhr – wie erwartet – herrlicher Sonnenschein.
Aber, die Freude währt nur sehr kurz, denn schon bald ziehen Wolken auf und in Byske regnet’s heftig. Dazu gesellt sich noch ein starker und böiger Wind aus Westen. Trotzdem geht’s flott voran mit 90 bzw. 110 km/h.
Piteå ist ein reizendes Städtchen mit einer grossen Fussgängerzone. Es ist richtig kalt geworden. Es geht nicht anders: ich muss mich im nächstbesten Schnellimbisslokal aufwärmen.
In Luleå sind die Einzelplätze im Camping ausgebucht. Au weil! Das freundliche Schwedenmädchen am Empfang (hat sie Erbarmen mit mir?) anerbietet sich, mir im Wandererheim in der Stadt ein Zimmer zu reservieren. Ja, da ist noch was frei. Eine beheizte Location, die Wohltat nach soviel Nässe und Kälte! Die Storgatan in Luleå befindet sich im Umbau. Man hüpft alle paar Meter über eine Pfütze. Der Regen setzt noch einiges oben drauf. Auf der Suche nach einem Restaurant fürs Abendessen lande ich am Hafen.
Noch ist nicht klar, welche Route in den Norden die beste sein soll. Der Kellner im Hafenrestaurant empfiehlt mir die Strecke via Haparanda, entlang der finnischen Grenze. Da gebe es viele kleine malerische Dörfchen. Leider führt aber dieser Weg nicht nach Jokkmokk, ins Land der Sami und auch nicht nach Kiruna, das ich aber unbedingt besuchen will!
Der Blick aus dem Fenster verheisst Ungutes: starke Bewölkung, Wind! Nein, nicht schon wieder! Ein bisschen weiter dösen ist im Moment die beste Medizin.
Morgenessen im Gemeinschaftsraum mit einem Ehepaar. Platz wäre für weitaus mehr Gäste, Am Fernseher läuft CNN.
Nebenan ist der Nordbottens-Man-Laden; alles für den Landwirt, Forstarbeiter, Reiter, Jäger, Fischer usw. Da finde ich bereits die ersten, zu Hause heiss begehrten Souvenirs: Fjällrävenrucksäcke, pink und grün. Nur fehlt der Platz dazu in den Koffern. Da hilft nur ein Paket schnüren und ab damit zur Post. Es ist inzwischen schon 11.00 Uhr. Weit ist noch der Weg bis Gällivare.
Die Fahrt bis Harads ist durchsetzt mit Baustellen, aber auch sonst recht bewegt. Es geht vorüber an Bächen, Seen und Wäldern. Die Sonne wagt sich endlich wieder durch die Wolken.
Da sind sie plötzlich: zwei Rentiere spazieren auf der Strasse! Sie wissen nicht so recht wohin sie gehen sollen. Sie kommen auf mich zu! Rasch ein paar Fotos machen, bevor sie dann doch im Wald verschwinden!
Weiter geht’s, oft und kilometerweit auch auf rutschigem Baustellenschotter. Der Luleälf eignet sich offensichtlich sehr gut zur Stromproduktion. In grösseren Abständen folgen sich mehrere Staumauern und Elektrizitätswerke.
Die Strasse wird auf einmal schöner und breiter. Rechterhand weitet sich ein Rastplatz, versehen mit grossen Tafeln und einer kleinen Pyramide aus. Der Polarkreis bei Mattisudden! Ein ganz spezielles Erlebnis. Da sitzt eine Frau mit ihren zwei Jungs. Ob ich einen Velofahrer gesehen hätte? Ja, einen mit hängender Zunge, ca. 10 km zurück, ihr Mann. Sie sind auf Ferienreise, kommen aus Karlstad. Sie meint, vielleicht treffen wir uns wieder einmal irgendwo im Norden. Ist der Norden denn wirklich so klein? Sie fahren weg, ihrem Vater entgegen.
Nach Jokkmokk ist es nicht mehr weit. Als erstes fällt die prächtige weisse Kirche auf! Das Samimuseum liegt gleich gegenüber. Die umfassende, sehr anschaulich aufgemachte Sammlung, gegliedert nach den veschiedensten Themen, wie Leben im Fjäll, Jahreszeiten, Fauna, Flora, Brauchtum, Trachten etc. ist wirklich sehenswert. Im Shop wird geschmackvolles Kunsthandwerk angeboten. Auf dem Dorfplatz ist Markt.
Die Strecke bis Gällivare entpuppt sich als ganz besonders reizvoll. Sie führt in vielen weit und schön geschwungenen Kurven – der Motorradfahrer merkt sich das – durch spärlicher werdende Baumbestände, felsige Anhöhen, riesige Seen, teils gestaut und vorbei an Kraftwerken.
Die Sonne ist jetzt wieder in voller Pracht da. Sie steht hoch am Himmel.
Gällivare wirkt aufgeräumt, gepflegt und wohlhabend; ferner versehen mit allen zeitgemässen Attributen einer Stadt. Beim Kaffee im Restaurant des Grand Hotel treffe ich einen Schweden aus Stockholm, der als Berater für Minentechnologie an einem Projekt in Malmberget arbeitet. Ich erhalte viele Informationen über Land und Leute sowie gute Tipps, vor allem, dass ich die Mitternachtssonne auf dem Dundret nicht verpassen soll. Als wir uns der immer aufdringlich werdenden Mücken wegen ins Restaurant verziehen, sind da zwei – dem Berater bereits bekannte – Ingenieure von ABB Schweiz, die für eine neue Pelletfabrik den Aufbau der elektrischen Ausrüstung koordinieren. Eine besondere Begegnung.
Auf dem Dundret haben sich schon viele Leute eingefunden und um Mitternacht werden es noch mehr. Die Stimmung ist einmalig, trotz der einsetzenden Kälte. Und das Wichtigste: die Sonne bleibt auch um 12 in respektvollem Abstand zum Horizont!
Der helle Sonnenschein weckt mich schon um 06.00 Uhr. Der aktuelle Sonnenstand entspricht gefühlt demjenigen in Mitteleuropa um 11 Uhr!
Beim Frühstück berichtet eine junge Frau, sie hätte ihren Freund in Tromsø besucht und fahre jetzt in der Mitte von Schweden nach Uppsala zurück. Sie bevorzuge diese Route gegenüber derjenigen entlang der Küste. Keine Ablenkung, immer gerade aus! In Kiruna finde übrigens das jährliche Festivalen statt!
Ein Belgier mit Frau regt sich mächtig und andauernd auf über die hohen Preise, die vielen Mücken, die tiefen Tempolimiten und die hohen Polizeibussen in Norwegen.
Die Strecke nach Kiruna führt auf einer Hochebene durchs Fjäll, etwas Hügel, dann und wann eine Strassenbiegung, kleine Seen und ab und zu ein Dorf bzw. einige weit verstreute Häuser. Selten ein Auto.
Vor Skaulo steht ein Ren auf der Strasse. Als es mich bemerkt, rennt es vor mir her und verschwindet dann im Gestrüpp. Kurz darauf quert ein Muttertier mit ihrem Jungen die Strasse. Keine Chance für ein Foto. Etwas später ein Ren von links, das die Strasse queren will und wegen eines plötzlich auftauchenden Campers daran gehindert wird. Es weicht zurück. Glück gehabt! Ohne den Camper wäre ein Zusammenstoss unvermeidlich gewesen!
Die Abraumberge von Kiruna sind schon von weitem zu sehen. Die Stadt wirkt sehr belebt: das Kiruna Festivalen hat gestern begonnen. Ein Anlass mit Jahrmarktbetrieb, Festwirtschaften und Showbühne.
Im Touristenbüro sind Karten für die Minenbesichtigung erhältlich. Start um 15.00 Uhr, Dauer 3 h.
Jetzt gilt es rasch eine Unterkunft zu finden. Der Camping ist komplett. Das freundliche Schwedenmädchen am Empfang ruft das Wandererheim an. Ja, da ist noch ein letztes Zimmer frei. Schon wieder lacht dem easy Rider das Glück!
Die Zeit bis zur Besichtigung der Mine nutze ich für einen Stadtbummel.
Per Bus fahren wir in die Mine. 500 m unter Tag. Zu sehen sind viele alte Bergbaumaschinen, Fördersysteme, Bilder und Reliefs. Leider gibt es keine live-Einblicke in das wirkliche Geschehen im Berg.
Zurück ins Zentrum.
Da ist eine Darbietung der Sofia Yannok – einer bekannten Samisängerin – mit ihrer Band im Gange. Nebst Liedern, die das Sami-sprachkundige Publikum offensichtlich kennt, singt sie auch eine Art Jodel (=> Joik), wie wir ihn aus den Alpen kennen, zeitweilig begleitet von einen äusserst virtuosen Sopransaxofonisten. Eine noch nie gehörte Musik, ich bin total fasziniert! Noch lange möchte man zuhören.
Die Sonne geht heute erst recht nicht unter.







































































































































































































